Halbleer und fast voll: Chile - Uruguay
24.06.2019 - Copa América
Im Maracanã machten Chile und Uruguay den Gruppensieg unter sich aus.
von Christian Piarowski
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Der dritte und letzte Spieltag der Gruppenphase der Copa America 2019 stand an und in der Gruppe C kam es dabei zu einem echten Kracher. Chile gegen Uruguay. Da hatte es einige giftige Duelle in den letzten Turnieren gegeben. Es war daher wenig verwunderlich, dass das Spiel neben Brasilien – Peru das einzige Duell der Gruppenphase war, dass seit Wochen ausverkauft meldete.
Sicher hatten tausende Uruguayos und Chilenos extra Urlaub genommen und von langer Hand die Reise geplant. Wer zu spät kam, würde keine Chance haben, reinzukommen, niemand würde sich diese Partie entgehen lassen. Umso mehr da der Gruppensieg ausgespielt werden würde.
So sah es zumindest lange Zeit im Vorverkauf aus. Doch urplötzlich gab es wenige Tage vor Anpfiff genügend Tickets, sogar für alle Kategorien. Ob sich da noch jemand auf den letzten Drücker aus Chile die Anreise bei mittlerweile überteuerten Flugpreisen noch gönnen würde? Die Uruguayos hatten es immerhin nicht ganz so weit.
Schon vor dem Stadion war klar, voll würde an diesem Tag das Maracana nicht werden. Das war ganz leicht an den verzweifelten Gesichtern der Schwarzmarktverkäufer abzulesen. Symbolische Summen wurden in den Abendhimmel gerufen. Statt der erhofften 50 Dollar für das billigste Ticket (im offiziellen Verkauf 30 USD), so doch bitte wenigstens 3, damit es für ein Bier reicht.
Zu Spielbeginn und auch nach der Kulanzviertelstunde zeigte sich das Stadion optisch mit viel Wohlwollen etwas mehr als halb gefüllt. Daher überraschte im zweiten Durchgang die über die Anzeigetafel und Lautsprecher durchgegebene offizielle Zuschauerzahl von 57.442, wovon 49.275 für ihr Ticket gezahlt hatten und 8.167 eingeladen waren. Um es vorwegzunehmen, zum Finale zwischen Brasilien und Peru sollten offiziell nur etwa 1.000 Zuschauer mehr kommen, doch sahen da die Ränge ganz anders aus.
Wie das sein konnte, wird wohl das ewige Geheimnis der Veranstalter bleiben. Die Zahlen würden zumindest das Geschehen im Vorverkauf widerspiegeln. Doch niemals waren im Stadion knapp 58.000 Zuschauer. Durchaus möglich, dass sich viele Fans beider Teams in der Tat euphorisch langfristig Ticket sicherten, nur um dann letztlich sich die Anreise aus Zeit- oder Kostengründen absagen zu müssen.
Das wäre ja auch kein Problem gewesen, denn als die ersten Verkaufsphasen starteten, hieß auf der offiziellen Verkaufsseite der Conmebol, dass es vor Turnierbeginn eine Rückgabeoption geben würde. Als diese dann tatsächlich kurz vor Copa-Beginn aktiviert wurde, hieß es plötzlich zusätzlich, dass 10 Prozent des Kaufpreises einbehalten werden würde; Geld gäbe es ohnehin nur bei erfolgreichem Wiederverkauf seitens der Organisation. Zudem sei die Rückgabe nur in den Ticketcenter vor Ort in Brasilien möglich.
Von allen diesen Punkten war vorab nie die Rede gewesen, der Kaufvertrag also unter anderen Bedingungen abgeschlossen worden. Kurz: wer sich im Ausland über das Internet ein Ticket gekauft hatte und letztlich die Reise absagen musste, konnte dieses nicht offiziell loswerden, es sei denn, er hätte einen Bekannten, der die Reise antreten würde.
Wie auch immer. Die Chilenen waren trotz längerer Anreise deutlich in Überzahl, wie leicht am vielen Rot überall auszumachen war. Um Uruguayer zu finden, musste man schon etwas genauer hinschauen. Natürlich waren somit vornehmlich die Gesänge der Chilenen zu hören darunter ihr mittlerweile zum Klassiker gereiftes Chi-chi-chi-Le-le-le...
Die meiste Zeit war es aber Copa-typisch realtiv ruhig, abgesehen vom ewigen Gemurmel, Rascheln der Popcorntüten und eiligem Gelatsche zum Bierstand. Es ist aber auch schwer Gesänge zu koordinieren, wenn der Ticket-Verkauf nicht ermöglicht, dass zusammensitzen kann, was zusammen gehört.
Fußball gab es auch noch. Und da hatte diese Partie im Vorgeplänkel nicht zu viel versprochen. Es ging tatsächlich um den Sieg in der Gruppe C, was nicht unbedeutend war. Denn schon vor Anpfiff stand fest, dass der Gruppensieger auf Peru treffen würde, das grade zwei Tage zuvor von Brasilien demoralisiert worden war, während der Gruppenzweite auf das in der Gruppenphase stark aufspielende Kolumbien treffen würde. Uruguay brauchte einen Sieg, um die Spitzenposition einzunehmen, Chile würde nach zwei Siegen zuvor ein Unentschieden reichen. So oder so, war beiden Teams die Qualifikation für Viertelfinale nicht mehr zu nehmen gewesen.
Es entwickelte sich von Beginn an weg ein rassiges Spiel, in dem Uruguay am Ende den längeren Atem bewies. Mit dem Siegtreffer in den letzten zehn Minuten durfte sich Cavani nun auch endlich den chilenischen Finger aus dem Arsch ziehen. Es war vielleicht die spannendste Partie der gesamten Gruppenphase.
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Chile 0:1 Uruguay, Estádio do Maracanã, Rio de Janeiro, Brasilien, Montag, 24.06.2019, 20:00, 3. Spltg., Gruppe C, CA 2019
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