Banfield Campeón!
15.12.2009 - Die Erfolgsgeschichte
Am Ende der Saison das erwartete Bild: Die Boca Juniors besiegen daheim die Gästemannschaft und der neue argentinische Meister dreht in der Bombonera seine Runde.
von Christian Piarowski
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Das Ende der Meisterschaft in Argentinien bot am vergangenen Sonntag ein Bild, wie man es zu Saisonbeginn allgemein erwartet hatte. Die Boca Juniors besiegten daheim die Gästemannschaft relativ locker mit 2:0 und der neue argentinische Meister drehte seine Runde in der Bombonera.
Doch anders als so oft waren es nicht die Spieler in den blau-gelben Trikots, die den langen Silberpokal in die Höhe streckten, sondern Spieler eines Vereins namens Banfield. Die knapp 5000 mitgereisten Fans, die sich ganz oben auf dem dritten Rang der steilen Hintertortribüne drängten, feierten so ausgelassen wie man das eben tut, wenn der eigene Verein zum ersten Mal überhaupt die Meisterschaft gewinnt, obwohl er mit seiner 113-jährigen Vereinsgeschichte zu einem der ältesten Klubs des Landes zählt.
Ungeliebt, aber erfolgreich
Damit hatten vor der Saison nur wenige Experten gerechnet. Zwar zählte der Club Atletico Banfield, aus dem gleichnamigen südlichen Vorort der Metropole Buenos Aires in den letzten Jahren zu einem festen Bestandteil der 1. Liga, wo er sich den Ruf als unbequemer Gegner erworben hat. Doch für viele Fußballfans ist der 1896 von englischen Einwanderern gegründete Verein noch immer eine graue Maus, die eigentlich in die Zweite Liga gehört. Wenn Banfield zu Auswärtsspielen antritt, wird den Gästefans selbst nach acht Jahren im Oberhaus noch immer ein »Vos sos de la B« (»Ihr seid aus der Zweiten«) entgegengeschmettert. Denn trotz des beachtlichen Alters konnte der Verein bisher keine sportliche Glanzlichter setzen. Die diesjährige Apertura-Meisterschaft ist der erste Titelgewinn von Bedeutung.
Dass der Titel geholt werden konnte, verdanken die Fans des »el taladro« (Der Bohrer) genannten Vereins, einem langsamen Wandel, der in den letzten Jahren zu beobachten war. So wurden sowohl das Stadion »Florencio Sola« als auch das Trainingsgelände kontinuierlich modernisiert. Doch der sportliche Aufschwung begann erst mit der Verpflichtung des neuen Trainer Julio Falcioni. Falcioni gilt als akribischer Arbeiter, der sich auf jeden Gegner mit intensiven Videostudien vorbereitet.
Ex-Cottbusser als Titelgarant
Der 53-Jährige formte ein gut funktionierendes Team mit einer kompakten Defensive, dessen Taktik vornehmlich darauf ausgerichtet war, das eigene Tor zu verteidigen. Dabei waren vor allem Torwart Christian Lucchetti sowie die Innenverteidiger Victor Lopez und Sebastian Mendez dafür verantwortlich, dass in den Partien oft ein kanpper Vorsprung gehalten werden konnte. Gleich neun von 19 Spielen gewann Banfield mit nur einem Tor Unterschied, fünf Partien endeten 1:0 für die Grün-Weißen. Einziger Torschütze war meist der Ex-Cottbusser Santiago Silva. Der glatzköpfige Uruguayer, der aufgrund seiner bulligen Statur auch »Tanque« (Der Panzer) genannt wird, ist mit 14 Treffern und fünf Vorlagen sowohl bester Torjäger als auch bester Scorer der Liga. Insgesamt 80 Prozent der 25 Treffer Banfields erzielte Silva zusammen mit seinem Landsmann Sebastián Fernández und dem 18-jährigen Kolumbianer James Rodríguez.
Vermeintlich sollte ein solches Team leicht auszurechnen sein, aber die mit nur 11 Gegentoren beste Defensive der Liga brachte zahlreiche Gegner zur Verzweiflung und war letzten Endes Garant für den Gewinn der Meisterschaft. Dass eine gute Defensive die Meisterschaft entscheiden kann, ist nichts Neues – birgt allerdings auch eine negative Seite. Gerade in Argentinien, wo sie schnellen, offensiven Kombinationsfußball lieben, gewinnt man mit einer solchen Taktik nur wenig Sympathie. Und so wird Banfield wohl auch weiterhin mit dem Image einer grauen Maus leben müssen, die nur wenige Fans hinter sich weiß.
Diesen jedoch dürfte das mit Sicherheit ziemlich egal sein. Stunden nach dem Spiel in der Bombonera bereiteten sie ihrer Meistermannschaft einen begeisterten Empfang im »Süden«, wie die südlichen Vorstadtsiedlungen bezeichnet werden. Dort wo das Stadion Banfields versteckt liegt zwischen endlosen Reihen mittelständischer Einfamilienhäuser ging die Feier noch lange weiter. Euphorisch freuen sich die Fans nun bereits auf die Rückrunde der Saison, die Clausura-Meisterschaft. Zwar ist die Titelverteidigung eher unwahrscheinlich, da der Abgang einiger Leistungsträger droht. Doch für den neuen Meister steht die Teilnahme an der Copa Libertadores an.
Die Großen dürfen nur zuschauen
Etwas wovon die Fans der fünf populärsten Vereine Argentiniens (Boca Juniors, River Plate, Independiente, Racing Club und San Lorenzo) nur neidvoll träumen dürfen. Denn erstmals seit 27 Jahren ist keiner der sogenannten großen Fünf Argentiniens dabei – eine weitere Überraschung der abgelaufene Meisterschaft.
Wer in der Rückrunde Meister wird, ist derzeit nur schwer vorherzusagen. Nur eines ist sicher, am letzten Spieltag wird es in der Bombonera keine Meisterfeier geben, da Boca dann in den »Süden« muss, nach Banfield. Dabei hätte man sich daran gewöhnen können, schließlich gelang vor zwei Jahren auch Lanus, dem nur zwei Bahnstationen in Richtung Metropole beheimateten Erzrivalen des neuen Meisters, das Kunststück, in der Pralinenschachtel zum ersten Mal die Ehrenrunde zu drehen.